Unterschiedliche Schulformen stand auf dem Lehrplan des Pädagogikkurses von Anna-Antonia Kaiser, Lehrerin am Arnold-Janssen-Gymnasium. Ein Einblick in die Praxis ist dabei selten möglich. „Die Montessori-Schule in Münster bot uns die Gelegenheit zu einer Führung und die haben wir gerne wahrgenommen,“ erläuterte die 29-jährige Pädagogin. Allerdings ging das nicht vor Ort, sondern pandemiebedingt in einer virtuellen Videoschaltung.
Ungewöhnliche Einblicke
Sarah Fransbach, Grundschullehrerin an der Münsteraner Schule an der Soester Straße, nahm die Kamera in die Hand und zeigte Liveunterricht in den ersten drei Grundschulklassen. Ungewohnt für die Schülerinnen und Schüler des AJG war sicherlich, dass die Kinder sich frei im Raum bewegen dürfen, statt eine Schulstunde lang an ihren Tischen zu sitzen. „Einige Kinder saßen auf Arbeitsteppichen, andere haben ihre Aufgaben an Gruppentischen erledigt,“ beobachtete Charlotte Tecklenborg aus der Jahrgangsstufe 12. „Und die Lehrerinnen und Lehrer führten regelmäßig Bewegungsaufgaben durch.“ Ihre Mitschülerin Mirjana Bünker ergänzte: „Eine weitere Besonderheit der Montessori-Schule ist, dass die Schüler sich selbstständig Themen für Forschervorträge suchen. Diese werden in den höheren Jahrgängen sogar in einer Universität präsentiert.“
Nach dem virtuellen Rundgang ergänzten die Mitglieder des Pädagogikkurses in einer Fragerunde ihr Wissen über diese Form der Erziehung. „Selbstbestimmt. Individuell. Mit Begeisterung. Sie kommen gerne zur Schule“, heißt es auf der Webseite der Schule. Zwei neunjährige Schüler bestätigten das auch direkt in einem Gespräch, und die Erläuterungen von Sarah Fransbach gaben Hinweise auf weitere Unterschiede zur traditionellen Erziehung an einem Gymnasium. „Schulbauernhof, Lernzielkontrollen nach Absprache und freiwillig, Schulparlament, Kindersprechtag, all das sind Besonderheiten, die uns helfen, unsere Erziehungsideale umzusetzen,“ so Sarah Fransbach, Tochter eines ehemaligen Lehrers am AJG.
Digitale Führung durch eine Montessori-Schule -
Eine ganz besondere Erfahrung für SchülerInnen des
Arnold-Janssen-Gymnasiums
Der Pädagogikkurs von Frau Kaiser aus der Q1 des Arnold-Janssen-Gymnasiums hat im Unterricht die Theorie der Montessori-Pädagogik behandelt. Dabei haben sich die SchülerInnen selbst in Form von Freiarbeit die Lerninhalte erarbeitet. So erlebten sie eine Unterrichtsform der Montessori-Pädagogik selbst mit. Am Ende der Unterrichtsreihe konnte die Umsetzung der gelernten Theorie in der Praxis in einer Online-Führung durch die Montessori-Schule in Münster erfahren werden. Eigentlich war es der Plan diese Montessori-Schule zu besuchen, aber aufgrund der aktuellen Pandemie war dies leider nur online und nicht in Präsenz möglich.
Über eine Videokonferenz erhielten die SchülerInnen einen Einblick in den Ablauf einer Montessori-Schule. Zunächst wurde eine Führung durch die Klasse und die Freiarbeit der Kinder aus der ersten bis dritten Jahrgangsstufe gezeigt. Bei der Beobachtung der Klasse konnten einige Teile der Theorie wiedererkannt werden. Zum Beispiel die Polarisation der Aufmerksamkeit, welche eine andauernde Tätigkeit unter höchster Konzentration beschreibt. Eine Schülerin hatte sogar Kopfhörer für den Lärmschutz auf. Ein wichtiger Bestandteil der Montessori-Pädagogik ist, dass sich die Kinder frei im Raum bewegen dürfen. In der Klasse saßen daher auch einige Kinder auf Arbeitsteppichen und andere haben ihre Aufgaben an Gruppentischen erarbeitet. Die Kinder dürfen des Weiteren selber entscheiden, ob sie in Kleingruppen oder alleine lernen. Die LehrerInnen betreuen abwechselnd einzelne Kinder, um den Überblick im Freiarbeitsraum zu behalten. Dabei werden regelmäßig gemeinsam mit den Kindern Bewegungsaufgaben durchgeführt, um die Lerninhalte zu verinnerlichen. Eine weitere Besonderheit der Montessori-Schule ist, dass die SchülerInnen sich selbstständig Themen für Forschervorträge suchen. Diese werden in den höheren Jahrgängen sogar in einer Universität präsentiert.
Im Anschluss an die Führung hat sich eine Montessori-Lehrerin noch bereit erklärt einige Fragen zur Montessori-Schule ausführlich zu beantworten. Folgende interessanten Informationen haben sich aus den Fragen ergeben: Die Kinder bekommen nie Hausaufgaben auf, aber haben schon im Grundschulalter bis zu dreimal in der Woche bis halb vier Schule. Dies ist jedoch überhaupt kein Problem für die Kinder, weil sie genügend Abwechslung auch mit den Bewegungsaufgaben haben. Außerdem gibt es auf Montessori-Schulen bis zur achten Klasse keine Ziffernzensuren, sondern nur Lernberichte. Diese Montessori-Schule hat auch einen Schul-Bauernhof, auf dem bestimmte Jahrgangsstufen regelmäßig Zeit verbringen, um dort alle Vorgänge kennenzulernen. Des Weiteren werden Lernzielkontrollen nur unter klarer Absprach und freiwillig durchgeführt. Es gibt auch ein Schulparlament in dem unter anderem SchülerInnen aus verschiedenen Jahrgangsstufen, KlassenvertreterInnen, LehrerInnen, Schulleitung und der Hausmeister sitzen. In diesem wird gemeinsam über Vorschläge und Probleme diskutiert und meistens ein Kompromiss gefunden. Zusätzlich gibt es auch ergänzend zum Elternsprechtag von Regelschulen einen Kindersprechtag an der Montessori-Schule für die Besprechung der individuellen Fähigkeiten.
Auch im Gespräch mit einer neunjährigen Schülerin und einem neunjährigem Schüler kam deutlich heraus, dass die SchülerInnen sich sehr wohl auf der Montessori-Schule in Münster fühlen, viel Spaß und keine Probleme haben.
Eine besondere Beziehung zwischen den Schulen lässt sich dadurch feststellen, dass die Gründungsmitglieder sowie einige Lehrkräfte der Montessori-Schule selbst ehemalige SchülerInnen des Arnold-Janssen-Gymnasiums sind.
Wir sind selbst zwei Schülerinnen aus diesem Pädagogikkurs und für uns war die Konferenz eine besondere Erfahrung. Es hat sehr viel Spaß gemacht die Theorie in der Praxis konkret an einem Beispiel wiederzuerkennen. Der direkte Einblick in die Montessori-Schule hat uns die Möglichkeit gegeben nochmal neue Aspekte der Theorie zu sehen. Für uns war es auch sehr interessant, die Kinder bei der Freiarbeit zu beobachten. Die besondere Atmosphäre im Klassenraum hat uns beeindruckt. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich eine Lehrkraft dafür Zeit nehmen kann. Die Fragen wurden sehr ausführlich beantwortet, weshalb es so lehrreich war. Wir sind für diese Bereitschaft sehr dankbar.
Auch die Rückmeldungen aus unserem Pädagogikkurs waren allesamt positiv. Besonders schön war es für den Kurs, dass zwei SchülerInnen selbst noch Fragen in der Konferenz beantwortet haben. Durch die ausführlichen Beantwortungen wurden von einigen SchülerInnen sogar Vergleiche zu unserer Schule gezogen. Auf andere hat die Führung sehr überzeugend gewirkt, sodass sie einige Teile einer Montessori-Schule vorteilhafter als einer Regelschule finden. Die SchülerInnen freuen sich schon auf die nächste Unterrichtsstunde in Pädagogik, weil ihnen Montessori-Material zur Verfügung gestellt wurde und dieses dann selbst ausprobiert werden darf.
Abschließend lässt sich feststellen, dass es eine hervorragende Idee war die Unterrichtsreihe mit einer solchen Aktion abzuschließen.
(Text von: Charlotte Tecklenborg und Mirjana Bünker)